Hoffnungslos sich über eilende Zeit zu beschweren, sie wird’s ja doch weiter tun, ganz unbeirrt von unseren Plänen einfach weiter rasen. Und so ist er da, der Dritte der Advente. Wie schon letztes Jahr hat die Vorweihnachtsstimmung hier Startschwierigkeiten. Aber ein paar Tage sind’s ja noch, vielleicht erkennt das ja auch noch das Wetter, dass wir kurz vor Weihnachten haben und nicht vor Ostern. Noch so was, das sowieso macht was es will. Aber so oft hat „Zeit“ auch etwas faszinierendes, magisches. Alte Rezepte zum Beispiel ziehen mich an. So wie dieses, von 1879, gefunden bei Robert. Ricciarelli di Siena, das erste Mal genossen vor einigen Jahren bei einem kleinen italienischen Bäcker, haben sich zu einer DER Lieblingsweihnachstskekssorten im Hause Mehlstaub und Ofenduft gemausert. Mandelig, mit dünner Kruste, innen saftig, süß aber mit einer ordentlichen Zitrusnote. Verschiedene Rezepte aus dem Netz wurden schon probiert – dieses hier ist unser Favorit. Etwas aufwendiger und teilweise irritierend für jemanden, der nicht oft mit Hirschhornsalz bäckt. So sollte man vom Kosten des rohen Teiges absehen, nicht tief Einatmen, wenn man die Ofentüre öffnet und einfach darauf vertrauen, dass der Ammoniakduft verfliegt, wenn die Plätzchen abgekühlt sind. Wen die Aussicht auf Gerüche wie im Chemielabor oder Orte, auf die ich hier lieber nicht näher eingehen will schreckt, dem kann ich unsere zweitliebste Variante von kamafoodra ans Herz legen. Hier duftet es beim Backen nur gar fein nach Mandeln und Zitrone, dafür werden die Kekse ein klein wenig kompakter.
Das Rezept ist wirklich etwas aufwendiger und hat viele Zwischenstufen. So werden erst Mandeln mit Zucker gemischt, separat die Triebmittel. Eine klitzekleine Portion Sirup wird benötigt um den Teig leicht anzufeuchten und in der Ruhephase über Nacht das Hirschhornsalz zu aktivieren (…zumindest hab ich mir das nach einiger Internetrecherche mals so zusammengereimt, wer’s besser weiß, ich bitte um Aufklärung). Aber naja, was tut man nicht alles für solch göttliche Kekse…..
Ricciarelli di Siena (für etwa 35 Kekse):
Nussmischung:
240g geschälte Mandeln
10g Bittermandeln
30g Mehl
190g Zucker
abgeriebene Schale von 1 Bio-Orange und 2 Biozitronen
Backpulvermischung:
13g Zucker
13g Mehl
4g Hirschhornsalz
3g Backpulver (ich: Weinsteinbackpulver)
Sirup:
30g Zucker
9g Wasser
Eimasse:
60g Eiweiß
12g Zucker
Die Mandeln im Ofen bei 50°C 10 Minuten trocknen lassen, vor der Weiterverarbeitung ganz abkühlen lassen. Die Mandeln im Häcksler portionsweise mahlen, dabei immer nur wenige Sekunden mahlen, also pulsend. Mahlt ihr zu lang werden die Nüsse zu warm und das Öl tritt aus. Die gemahlenen Nüsse in eine Schüssel geben mit dem Mehl, Zucker und Zitrusabrieb mischen und alles nochmals portionsweise wieder pulsend im Häcksler mahlen. Alles soll sehr fein werden.
Für die Backpulvermischung Zucker, Mehl, Hirschhornsalz und Backpulver mischen. Dann zur Mandelmischung geben und sorgfältig unterrühren. Zucker und Wasser für den Sirup aufkochen und eine Minute kochen lassen. Den Sirup über die Mandelmischung geben, so dass diese nur wenig befeuchtet ist und wieder alles sehr sorgfältig mischen. Es entsteht eine krümelige Masse die nun über Nacht mit einem feuchten Tuch bedeckt ruhen muss.
Am nächsten Tag das Eiweiß mit dem Zucker steifschlagen und mit einem Spatel unter die Mandelmischung heben. Hier sollte ein formbarer Teig entstehen.
Aus dem Teig mit einem Teelöffel Portionen abstechen und mit angefeuchteten Händen zu Kugeln formen die in der Größe zwischen Haselnuss und Walnuss liegen. Jede Kugel etwas länglich oval nachformen (so wie einen kleiner Brotlaib), in Puderzucker wälzen und auf ein mit Backpapier belegtes Backblech setzen.Etwas Abstand lassen, denn die Kekse laufen beim Backen etwas in die Breite. Vor dem Backen die Ricciarielli noch 30 Minuten trocknen lassen.
Den Ofen auf 150°C Vorheizen und die Ricciarelli etwa 15-20 Minuten backen. Sie sollten möglichst hell bleiben und nur wenig bis gar nicht bräunen. Dann die Kekse mit dem Backpapier auf ein Kuchenrost ziehen und vollständig auskühlen lassen. Erst dann sofort wegnaschen oder in Dosen aufbewahren.
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ganz was Feines, dass die mir noch garnicht begegnet sind? Mit Hirschhornsalz wird ja kaum noch gebacken, dabei ist das für schwere Teige ganz prima.
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Ja die sind wirklich fein! Das Backen für Hirschhornsalz war ein kleines Abenteuer für mich – ist da schon etwas eigenartig wenn es beim Backen dann doch sehr anstrengend riecht.
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