Lesehunger

Das mich Bücher hungrig machen ist heute schon irgendwie Grundvorraussetzung.  Anders als noch vor einigen Jahren, als das Schmökern in Romanen noch nicht zum Luxus der Urlaubszeit gehörte, sind heute beinahe alle Neuzugänge Back- oder Kochbücher. Das ich aber auch von einem Roman hungrig werden kann, war mir bisher neu. Und nach gelesenen 48 Gerichten auf 284 hastig verschlungen Seiten des „Großen Glanders“ von Stevan Paul war ich wirklich sehr hungrig. Um hier Abhilfe zu schaffen riefen im April Autor und Verlag zur #glanderblogparade auf und damit dazu, die Gerichte aus dem Buch nachzukochen. „Mein“ Gericht war schnell gefunden – ein Brot von dem ich noch nie gehört hatte und zu dem tatsächlich kaum Anleitungen online zu finden sind.

Die Karte war zweigeteilt, die linke Seite listete Engadiner Spezialitäten auf, ein Brett mit Bündnerfleisch vom Bergmetzger Renato Giovanoli aus Maloja, Salsizwürste und gereifter Speck mit traditionellem Roggenbrot Paun Sejel. Ein roter Veltliner aus der Nebbiolo-Traube wurde dazu empfohlen.

aus „Der Große Glander“ von Stevan Paul

Das Paun Sejel Val Müstair ähnelt auf den ersten Blick den wohl bekannteren südtiroler Vinschgauer oder auch Paarl. Beim Paun Sejel wird jedoch auf die Zugabe von Gewürzen verzichtet, was mir persönlich besser gefällt. Frisch ist die Krume saftig-mild und die Kruste kross. Lässt man es liegen, weicht die Kruste nach und der Roggengeschmack wird intensiver. Früher wurde diese flachen Brote häufig nur einmal im Jahr auf Vorrat gebacken und in speziellen Gestellen getrocknet. Allein ein Bäcker im Val Müstair backt heute noch das Paun Sejel mit Bündner Roggen. Ein Presidio Prädikat der Slow Food Foudation soll deshalb dieses Brot und dem Anbau des Bündner Roggen wieder fördern.

Die eigentlich vorgesehenen Engadiner Spezialitäten tauschte ich aus gegebenen Anlass durch die kulinarischen Mitbringsel von letzter vorvorletzter Woche aus dem Pinzgau aus: würziger Rohmilchkäse, eingelegten Kräuterfrischkäse und Rinderhauswurst passten ausgezeichnet zum Graubündner Brot und sind zudem schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf die Eindrücke von dieser wunderbaren Woche, die hier hoffentlich bald ihren Platz finden werden.

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