Schöner Scheitern

Ein lieber Mensch hat vor kurzen bemängelt: man sieht immer nur die guten Sachen auf deinem Blog, nie das Misslungene. Stimmt! Also ziehe ich heut mal blank. Wer denkt, hier klappt immer alles wie am Schnürchen, den kann ich beruhigen – dem ist nicht so. Hier geht auch mal was schief. Dass ein selbst kreiertes Rezept auf Anhieb komplett zufriedenstellend ist, kommt vor, doch meist gibt es immer Luft nach oben. Da ich dem Zufall ohnehin nicht traue, backe ich jedes eigene Rezept noch mindestens ein zweites Mal, bevor es auf den Blog kommt. Beim zweiten Anlauf gelingen dann meist schon deutlich mehr Rezepte, spätestens beim 3. Mal bin ich dann in etwa 99% zufrieden und das Rezept wird verbloggt. Und dann gibt es auch sie: die ganz harten Nüsse. Die, an denen man eine gefühlte Ewigkeit arbeitet, da ein bisschen dreht und dort ein bisschen wendet, es dann dennoch nicht klappt und man alles über den Haufen wirft und nochmal von Neuem beginnt. Und wieder. Und wieder. Und wieder. Sicher ist das für mich selbst ermüdend und jeder Fehltritt ein kleiner Hieb ins Ego, aber naja, sie gehören nun mal zum Lernen und Leben dazu, die Fehler.  Aber auch der Haussegen kann bei einer längeren Phase von „Nicht-so-ganz-Gelungenem“ in Mitleidenschaft gezogen werden. Meine aktuelle Odyssee auf der Suche nach einem guten Sauerteigbaguette führte fast zur Meuterei: „Du hast doch so ein klasse Rezept für Baguettebrötchen auf dem Blog! Warum muss ich immer das Versuchskaninchen sein? Ich möchte auch endlich mal wieder anständige Sonntagsbrötchen!“ Ja, recht hat er! Die schlimmste Zeit haben wir nun mittlerweile Gott sei Dank überwunden, denn die „Baguettes“ gehen bereits als Brötchen durch. Baguettes sind es aber noch immer nicht…schluchz… Aber auch wenn mal was schief läuft, stecken ja jede Menge gute Zutaten, Zeit und Liebe in den Fehlstücken. Also muss  auch für sie eine wohlschmeckende Verwendung gefunden werden. Ich denke die österreichische Spezialität „Scheiterhaufen“ verdankt ihrem Namen sicherlich eher ihrer Optik durch das geschichtete Brot. Eine ganze Menge „Gescheitertes“ kann hierbei jedoch auch seine Verwendung finden. Gerade jetzt wenn uns der Herbstblues noch zusätzlich das Leben schwer macht, ist das doch genau das Richtige liebe Kochmädchens, oder? Sieht gut aus, schmeckt und versöhnt ungemein. Also, einfach „Schöner Scheitern“ wider den trüben Herbst!

Scheiterhaufen

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Das Rezept ist eine Adaptation der großartigen Katharina Seiser  aus ihrem gemeinsam mit Meinrad Neunkirchner verfassten Kochbuch „Österreich vegetarisch“. Sie ist übrigens auch nicht unschuldig daran, dass sich gerade 6 kg Zitronen in meiner Küche tummeln. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Scheiterhaufen (4 große Portionen)

ca. 250g altbackene Brötchen, Zopf, Stuten, Brioche oder auch
250g Milch
125g Sahne
1EL Zucker
3 Eier, Größe M
gemahlene Vanille

2 Birnen
Saft einer Zitrone
2EL Butter plus Butter für die Form
2EL Zucker, plus Zucker zum Bestreuen
ca. 30g Mandelblättchen

Puderzucker nach Geschmack

Vanillesauce zum Servieren

Ofen auf 200°C Ober-Unterhitze vorheizen. Die Birnen waschen, trocknen, vierteln, Kerngehäuse und Stil entfernen. Jedes Viertel nochmal dritteln. In einer beschichteten Pfanne die Butter auf mittlerer Hitze schmelzen. Die Birnen hinzugeben und braten lassen, bis sie etwas Farbe annehmen. Dann den Zucker darüberstreuen, etwas karamellisieren lassen und mit dem Zitronensaft ablöschen. Die Flüssigkeit kurz etwas einkochen lassen, dann beiseite stellen.
Die Brötchen oder Brot in nicht zu dünne Scheiben schneiden, so 3 cm Dicke sind perfekt. Eine Auflaufform mit Butter ausstreichen. Die Hälfte der Brötchenscheiben in die Form legen. Darauf die Hälfte der gebratenen Birnen geben. Dann wieder Brötchenscheiben und wieder Birnen und auch den Saft der Birnen. Milch, Sahne, Eier, 1 EL Zucker und  etwas gemahlene Vanille verquirlen und langsam über den Auflauf gießen. Es ist nicht schlimm, wenn die obere Brötchenlage nicht mit Eimilch bedeckt ist, ganz im Gegenteil, so wird die obere Schicht schön knusprig. Den Auflauf mit etwas Zucker und den Mandelblättchen bestreuen. 30 Minuten bei 200°C backen bis die Eimilch komplett gestockt und die Oberfläche schön gebräunt ist. Vor dem Servieren nur kurz leicht abkühlen lassen und nach Wunsch mit Puderzucker bestäuben. Mit Vanillesauce servieren.

Scheiterhaufen mit Vanillesauce

11 Kommentare zu “Schöner Scheitern

  1. liebe susanna,
    mir gefällt sehr, dass du das herumprobieren und zunächst scheitern mal zum thema machst. bei uns zu hause ist es ein wenig anders: ich werde eher angespornt, neue versuche mir zuzutrauen. aber ich bin der angsthase. so war es mit sauerteig. so ist es nun schon ewige zeiten mit croissants…
    wenn ich baguettes haben will, kann ich nur noch das baguette mit t65 von lutz backen, obwohl ich gar kein t65 habe. die konsistenz dieses baguettes ist einfach unerreicht für mich. ich weiß, das ist nicht das, was du suchst…
    viele grüße,
    sabine

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    • Also prinzipiell bin ich mit meinen Testessern sehr zufrieden, das wollte ich auch gar nicht sagen :)). Ohne deren Unterstützung wäre das ganze hier ja auch gar nicht möglich, alleine ist das hier nicht essbar! Lutz Baguettes sind toll, die hab ich auch schon probiert, mit 550 Mehl klappen die eigentlich auch ganz passabel. Hier ist es wohl eher mein Tick, keine Hefe verwenden zu wollen, sondern nur Sauerteig, der mir hier die Probleme macht. Aber ich werde nicht aufgeben, keine Sorge :))
      Wünsche dir noch einen schönen sonnigen Sonntag, liebe Sabine

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  2. Ach, das hast du soo schön geschrieben und du hast absolut recht. Wenig klappt sofort und auf Anhieb. Ich weiß noch genau, als mein zum Perfektionismus neigender Vater, der in unserer Familie der Hausbäcker war, seine Apfelstrudel-Phase hatte. Es gab monatelang Strudel, solange bis er den Dreh raus hatte und man wirklich die Zeitung durch den Teig lesen konnte. Danach konnte ich sehr lange keinen Strudel mehr essen, aber heute liebe ich ihn wieder und denke gerne an seine Versuchsreihe zurück 🙂 Dein Scheiterhaufen sieht klasse aus – danke für die Idee dazu. Liebe Grüsse und einen schönen Sonntag, Heike

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    • Jaaa, liebe Heike auch das kenn ich. Dann muss man sich oft selbstmal kneifen und zum Perfektionissmus sagen, ey, mach mal locker! Es soll doch immer noch Spaß machen und Genuss bleiben. Wenn es einem dann sogar den Apfelstrudel verhagelt, dann ist das doch wirklich tragisch!

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  3. Hallo Susanna,

    du hast es auf den Punkt getroffen. Wer kennt es nicht, dass die Brötchen nicht richtig aufgegangen sind oder der Teig zu weich ist..und…und…und…Ich muss zugeben, die Erwartung ist bei mir immer sehr hoch, dennoch essen wir alles auf was ich backe oder koche, auch wenn es mal nicht so richtig gut geworden ist. Dein Scheiterhaufen sieht köstlich aus…
    LG
    Dagmar

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    • Ja, manchmal muss ich mich auch bremsen, damit der Perfektionissmus mit mir nicht durchgeht. Gerade bei rein optischen Aspekten ist das doch auch eher nebensächlich, oder? Was gibt’s bei euch denn Schönes, wenn mal was übrig bleibt, liebe Dagmar?

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      • Da magst du recht, eigentlich ist nur wichtig dass es schmeckt.
        Bei uns ist für die Resteküche mehr oder weniger meine bessere Hälfte zuständig und wenn ich ehrlich bin ist er auch der bessere
        Koch. Der zaubert aus allen noch etwa schmackhaftes….gerade steht er in der Küche und macht eine leckere Entenbrust…..
        Ich bin da eher für die groben Sachen wie Brot und auch mal Kuchen zuständig…so hat eben jeder sein Ding in der Küche.
        Wünsch dir noch einen schönen Sonntag…
        Würde mich freuen, wenn du auch am BBD #78 teilnimmst..:-)
        LG
        Dagmar

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  4. ein schöner Scheiterhaufen! Ich hab mir den Perfektionismus notgedrungen etwas abgewöhnt, dann käme nämlich kaumnoch was auf den blog mangels Zeit & Gelegenheit für Wiederholungsschleifen.

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  5. Liebe Susanna!

    Also das mit dem Scheitern kenne ich auch nur zu gut…. aber ich finde Dein Scheiterhaufen sieht perfekt aus! Er hätte einen anderen Namen verdient! Danke, dass Du mit diesem Rezept an unserem Event teilnimmst! Liebe Grüße! Susi

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  6. Pingback: Blogevent: Viele bunte Rezepte gegen den Herbstblues – das Round-Up mit allen Rezepten

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