Altbrotroggen

Meine Liebe zu Brot reicht weit zurück. Schon als Kind habe ich es geliebt, zum Bäcker zu gehen, ein glänzend braungebackenes Mischbrot auszuwählen und davon bereits auf dem Heimweg ein dickes Stück der frischen, knusprigen Kruste zu verputzen. Daheim gab‘s natürlich Schelte für das angeknabberte Brot, aber irgendwann resignierte meine Mutter. Das frische Brot gab es dann zum Abendessen, oft nur mit Butter und Radieschen oder Tomaten mit frischen Kräutern, alles aus dem eigenen Garten…Hach, ja…. ich weiß, das klingt schon alles sehr nostalgisch verklärt, aber mir ist dieser reine urtümliche Brotgeschmack von damals zwischenzeitlich abhanden gekommen.

Irgendwann, schmeckten irgendwie alle Brote gleich. Backshops mit Selbstbedienungstheken voll mit aufgeplusterten, trockenen Broten und Brötchen, ohne Aroma, sprossen wie Pilze aus dem Boden. Brot schmeckte mir einfach nicht mehr. Wenn überhaupt führte zu dieser Zeit der Weg zum „Bäcker“ nur am Wochenende, um die obligatorischen Brötchen für das Sonntagsfrühstück zu holen.

Was mich dazu brachte vor einem dreiviertel Jahr mir einen eigenen Sauerteig zu ziehen, weiß ich gar nicht mehr, aber es war ein Volltreffer. Ja, einige Brote mit Hefe hatte ich davor auch schon gebacken, für „Arbeitsstullen“ und so, war ok, wenigstens selbstgebacken. Aber mit dem erfolgreich selbstgezogenen Sauerteig und der Entdeckung des Plötzblogs ging es dann so richtig los mit dem Brotbacken und mir. Mittlerweile habe ich immer mindestens 10 verschiedene Mehlsorten zu Hause, einen Roggensauerteig und einen Weizensauerteig im Kühlschrank, Bäckerleinen, Gärkörbe, Brotbackstein, Ofenthermometer, Löffelwage, Teigabstecher und eine Monsterküchenmaschine, die den Teig wunderbar knetet. Passende Rezepte? Auch kein Problem: Stundenlang könnte ich in den Blogs von Lutz, Stefanie und Björn stöbern, und dabei ellenlange Listen machen, welches Brot mein nächstes sein wird. Denn ich habe sie wiedergefunden, meine Liebe zu Brot.

Altbrotroggen

Altbrotroggen


Irgendwie überraschend für mich, dass ein Geologe meine Lust auf Brot wiedererweckt hat. Was ist mit unseren Bäckern? Um überhaupt einen richtigen Bäcker zu finden muss ich hier in Berlin schon ganz schön suchen. Als ich noch in Mitte gewohnt habe, gab es zumindest einen in meiner Nähe. So eine richtige kleine Bäckerei mit Herz und Seele. Wie früher: ein kleiner gekachelter Laden, mit klingelnder Tür und einfachen Glastheken. Hinter dem Verkaufsraum kann man die Backstube erahnen. Die Bäckerei von Waltraut Balzer. Eine kleine Zeitreise, für‘s Auge und für den Geschmack. Hier schmeckt einfach alles! Deswegen muss man schnell sein für die besonderen Leckerbissen wie die quarkgefüllten Krapfen oder die Napoleonschnitte. Aber dieses Kleinod wird es wahrscheinlich nur noch bis Ende 2015 geben. Denn die liebe Frau Balzer ist mittlerweile 81 Jahre alt, ein Nachfolger ist bisher noch nicht gefunden.

Denn das Bäckerhandwerk hat Probleme. Nicht nur auf den obengenannten Blogs stößt man immer wieder auf Berichte die nachdenklich stimmen: Nachwuchsschwierigkeiten bei abnehmender Attraktivität dieses schönen aber auch anstrengenden Handwerks unter weiter steigendem ökonomischem Druck neben Fertigware und Tiefkühl „Bäckern“. Discounterketten dürfen ja jetzt auch behaupten: sie „backen“ frisch für uns. Aber auch alteingesessene Bäcker haben mitunter ihr Handwerk durch industrielle Zusatzprodukte verlernt. Habt ihr bei Eurem Bäcker schon mal genauer nachgefragt? Sauerteig oder Fertigmischungsbrot?
Zunehmend werden mehr Stimmen laut, die die Rückkehr zum Handwerk fordern, zuletzt zum Beispiel im ZEIT MAGAZIN.
Auch unter Bloggern gibt es Initiativen, die auf nachhaltig produzierte Backwaren aufmerksam machen will. 2013 wurde von Yushka „Blogger für Backen mit Zeit und Geschmack!“ ins Leben gerufen. Ihr Zeichen ist die kleine rote Schnecke die auf die Seite von „Die Bäcker. Zeit für Geschmack e.V.“ führt. Hier findet ihr mehr Informationen über gutes Brot und Aktuelles rund ums Thema in Eurer Umgebung. Und mitmachen könnt ihr natürlich auch.
Wenn Euch der Erhalt des Bäckerhandwerkes ebenfalls am Herzen liegt, dann unterstützt bitte die Petition an den Deutschen Bundestag. Ihr Ziel ist es, den Begriff „Bäckerei“ zu schützen. Nur noch der Ort darf dann den Namen „Bäckerei“ tragen, in dem der Bäcker den Teig selbst knetet, Brot backt, keine Tiefkühlware verwendet und die frische Ware dort verkauft. Bitte folgt dem Link, und unterschreibt die dort zu findende Petition.

https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-das-baeckereisterben-gesetz-nach-franzoesischem-vorbild

Gebacken habe ich natürlich auch. Mein Lieblingsbrot vom Plötz: den Altbrotroggen.
Es ist ein wunderbares Brot, das zeigt, was mit guten Zutaten und genügend Zeit entstehen kann. So, wie man es eigentlich vom Bäcker um die Ecke erwartet, oder?

 

Altbrotroggen (Achtung: vom ersten Teig bis zum gebackenen Brot vergehen 5 Tage!)

Tag 1
Altbrotvorteig:
50g altbackenes Brot in Würfeln
50g Weizenmehl 1050
100g Wasser
0,5g frische Hefe

Gewürfeltes Brot in Wasser 1 h einweichen. Dann mit einer Gabel zerdrücken und mit Mehl und Hefe zu einem festen Teig verkneten. 3 Tage im Kühlschrank reifen lassen.

Tag 3
Sauerteig:
50g Roggenvollkornmehl
50g Wasser
5g Anstellgut

Sauerteigzutaten verrühren und 18-20 Stunden bei Raumtemperatur reifen lassen.

Tag 4
Hauptteig:
Altbrotteig
Sauerteig
100g Weizenmehl 1050
225g Roggenmehl 1150
210g Wasser
8g Salz
3g Frischhefe

Alle Zutaten in einer Küchenmaschine 5 Minuten auf niedrigster und dann weitere 3 Minuten auf zweiter Stufe kneten lassen. Der Teig sollte noch schwach kleben.
Den Teig 1 h bei Raumtemperatur gehen lassen und danach falten. 10 Stunden gut abgedeckt im Kühlschrank lagern.

Tag 5
Aus dem Teig einen runden Laib formen und in einen bemehlten Gärkorb mit Schluss nach oben legen. Bei Raumtemperatur 90 Minuten gehen lassen. Den Backofen mit Blech oder Brotbackstein (2.Schiene von unten) mindestens 45 Minuten vorheizen (230°C Ober- und Unterhitze). Den Laib auf einen mit Backpapier ausgelegten Brotschieber stürzen, nach Wunsch einschneiden und in den Ofen schieben. Dampf erzeugen (bei mir ½ Tasse Wasser direkt auf den Ofenboden). Nach 10 Minuten die Temperatur auf 200°C herunter drehen und Ofentür kurz öffnen um den Dampf abzulassen. Weitere 30 -40 Minuten dunkelbraun fertigbacken.

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Vor dem Anschneiden komplett auskühlen lassen.

7 Kommentare zu “Altbrotroggen

  1. Ich habe die Petition auch schon unterschrieben. Hier in den USA, dem Land der Schlabberbrote, ist es ja noch viel schlimmer, die Supermarkt-Brote sind noch nicht mal frisch aufgebacken, sondern weisslich, süsslich und krustenlos. Das war auch der Grund, warum ich überhaupt mit dem Brotbacken angefangen habe, in Deutschland gab es damals noch recht gutes Brot zu kaufen.

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    • Hallo Karin, ja die Brotkultur in den USA ist schon weltberüht ;-). Ich denke, dass ich die oben besschriebne Abwärtsentwicklung hier in der Großstadt bestimmt sehr viel intensiver erlebe, als in einer Kleinstadt, wo man seinen Bäcker oder Fleischer noch persönlich kennt. Und natürlich gibt es sie auch hier noch, die guten Bäcker, wenn man weiß wo…

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  2. Dein Mehl ,mahlst du es auch ? Wir backen auch seit ewigen Zeiten. Wenn man mal gezwungen ist ein Brot zu kaufen ist man doch immer wieder enttäuscht.
    Hier mal unser Brot
    Roggenvollkornbrot mit Sauerteig

    Sauerteigherstellung
    Grundansatz
    Tag 1
    100gr Roggenmehl und 100ml lauwarmes Wasser (30-40°) verrühren
    Schüssel zudecken
    24-48 Stunden an einen warmen Ort stellen
    Tag 2
    100gr Roggenmehl und 100ml lauwarmes Wasser zu der Mischung geben, alles wieder verrühren und 12 Stunden abgedeckt stehen lassen
    Tag 3
    200gr Roggenmehl und 200ml lauwarmes Wasser zugeben, verrühren und 12 Stunden stehen lassen wie gehabt.
    Sauerteig fertig

    Vorteig
    erst 2-3 Esslöffel vom Sauerteig in ein Glas füllen und mit Mehl bestäuben, im Kühlschrank für den nächsten Backtag aufbewahren

    375 Roggen-Kümmel-Koriander mahlen und mit
    ca 50gr (2-3 Esslöffel)Sauerteig vom letzten Ansatz ,2Teelöffel Honig
    Buttermilch (auf 30-40°)erwärmen
    alles verrühren
    12 Std an einen warmen Ort zugedeckt gehen lassen

    Brotteig
    Zum Vorteig ein Esslöffel Salz -Wasser (lauwarm) -Roggenmehl zugeben bis ein sehr weicher Teig entsteht
    Zwei Stunden zugedeckt gehen lassen.
    In Kastenformen füllen
    nochmals 1 Stunde gehen lassen
    Ofen auf 250° vorheizen
    Schale mit Wasser in die Backröhre
    die Brote 1 Stunde zugedeckt(Alufolie) backen lassen
    Folie entfernen und nochmals 1Stunde bei 185° zu Ende backen

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    • Hallo Schnippelboy,

      danke für deinen Besuch und das Rezept! So ein reines Roggenbrot in der Form habe ich bisher noch nicht gemacht. Werde ich aber bestimmt mal probieren. Mein Mehl kaufe ich, noch. Ich habe erst vor kurzen im kleinen kuriositätenladen einen interessanten Beitrag zu einem Mahlwerk bei der Kitchenaid gelesen und seit dem spiele ich mit dem Gedanken, es doch zu probieren (habe allerdings ne Kenwood). Wie mahlt ihr Euer Mehl? Habe gehört, dass ein Steinmahlwerk besser sein soll als eines aus Metall…

      Liebe Grüße,

      Susanna

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  3. Hallo Susanna, du sprichst mir total aus der Seele. Auch wir hatten immer Phasen, besonders al unsere Kinder klein waren. Nun sind sie schon lange aus dem Haus und wir backen noch mehr als zu Zeiten davor. Wir haben als Hilfsmittel eine Knetmaschine von Häussler Alpha und einen Steinbackofen draußen und einen elektr. drinnen!
    Rezepte die ich für gut empfundenhabe findest du auf meinem Blog.( Leider im Moment Baustelle)
    Ich bin auch Fan von Plötzblog, brotdoc und Stefanie.
    Weiter so! Wir werden immer mehr.
    LG von Ulla

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    • Liebe Ulla,
      lieben Dank für deinen Besuch! Backen mit einem Steinbackofen im Garten ist ja schon eine ganz besondere Nummer und wohl der Traum jedes Hobbybäckers. Und deine Brote sehen wunderbar aus, gratuliere. Dass Brotbacken und Selbermachen wieder äußerst in Mode gekommen ist, finde ich sehr gut und mit meinem Blog will ich natürlich ordentlich dazu ermuntern. Nur wer versteht wie Dinge hergestellt werden, kann auch verstehen wie wichtig gute Zutaten sind und wie wenig „Chemie“ eigentlich notwendig ist. Ich hoffe sehr, dass wir wirklich immer mehr werden!
      LG, Susanna

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